24.-28. September 2009 | Lehrfahrt ins Loiretal

Ein Blick über den Tellerrand im Loiretal - Spargel ist "nur" Gemüse?

Vom 24. bis zum 28. September fand eine Lehrfahrt zum Thema „Spargelanbau im Loiretal“ in Frankreich statt. Die Lehrfahrt wurde organisiert durch den Förderkreis Spargelbau im Rhein-Neckar-Kreis e.V. (Geschäftsführerin Andrea Ballreich und den 1. Vorsitzenden Peter Geng) sowie durch das Landratsamt Karlsruhe, Landwirtschaftsamt (Spargelberatung, Uwe Kühn). Insgesamt fuhren 28 Teilnehmer, bestehend aus Erzeugern und ehemaligen Mitarbeitern des Landwirtschaftsamtes und dem Autor mit.

Versuchsstation Loir et Cher

Am ersten Tag wurde der Ausgangspunkt der Exkursion in St. Denis de L’Hôtel im Loiretal erreicht.
Am nächsten Tag ging die Reise zur Versuchsstation nach Tour-en-Sologne im Nachbarbezirk Loir et Cher. Dort wurden uns von Christophe Fleurance interessante Einblicke in die Versuchsstation gewährt und Versuche zum Spargel erläutert.
Die Versuchsstation wurde vor 30 Jahren gegründet und beschäftigt sich mit den Kulturen Spargel, Lauch, Erdbeeren unter Glas (Remontierende Sorten), Himbeeren und Zucchini. Die Versuchsstation ist im Bereich dieser Kulturen für das ganze Loiretal zuständig. Mit anderen Versuchsstationen z.B. in der Region Loiret erfolgt ein reger Austausch der Versuchsergebnisse, die sich mit anderen Kulturen, wie Rote Bete, Zwiebeln und Kartoffeln, beschäftigen. Die Finanzierung der Versuchsstation erfolgt über Privatgesellschaften, Erzeugergemeinschaften und Aufträgen von Firmen mit Sortenversuchen, Erstellung eines kostenpflichtigen Beratungs- und Warndienstfaxes und Mittelprüfungen.

 

Versuchsstation Loir et Cher

In der Region befindet sich die in Frankreich größte Erzeugerorganisation für Grünspargelanbau, die jährlich ca. 300 t Spargel vermarkten. Damit ist der Grünspargelanteil doch relativ gering in Frankreich vertreten. Die Gewinnspanne ist in Frankreich bei der Grünspargelkultur höher als in Bleichspargel. Das hängt laut Fleurance auch mit dem geringeren Arbeitsaufwand zusammen. Für Grünspargel gelten ähnliche Anbaubedingungen, wie in Deutschland. Es werden lehmige Böden mit einem hohen Kalkanteil bevorzugt. Bei der Sortenwahl dominiert eindeutig Gijnlim, welches wegen dem Anthocyangehalt kein echter Grünspargel ist. Für die Vermarktung ist eine leichte Rotfärbung unerheblich; wichtiger ist der geschlossene Kopf des Spargels.

Bleichspargel

Der Bleichspargelanbau dominiert eindeutig in Frankreich. Für den Anbau werden leichte Sandböden bevorzugt. Dabei darf der Boden von der Struktur allerdings nicht zu fein sein, da zu leichter Sand oft zur Verdichtung neigt. Als Vorkultur für den Anbau wird Senf verwendet. Zur Reihenbegrünung wird im Loiretal werden außer Senf aber auch Phacelia, Buchweizen und Sudangras verwendet. Leguminosen werden vermieden, da diese Rhizoctonia fördern können. Bei der Sortenwahl werden Andreas und Grolim bevorzugt. Andere Sorten wie Ravel, Rapsody, Gijnlim und Thielim sind allerdings im Kommen. Der Anbau erfolgt im Loiretal nicht in Doppelreihen, wie in Südfrankreich. Die Pflanzdichte ist mit unserer, je nach Sorte, vergleichbar.

Die durchschnittlichen Spargelflächen je Betrieb betragen um 3 ha, sind damit relativ klein. Größere Spargelproduzenten haben oft nicht mehr als 10 ha Spargel im Anbau. Kleinere Spargelproduzenten haben meist nur um 1 ha Spargel. Da die Saisonarbeitskräfte in Frankreich einen Mindestlohn um Brutto 12,-€ (inklusive Sozialversicherung und Steuern von 4 – 5,-€) erhalten, möchte der einzelne Betriebsleiter die Spargelflächen nicht zu groß werden lassen (meist um 3 ha), damit kein Vorarbeiter nötig wird. Der Betriebsleiter behält damit die Einteilung und Aufsicht der Saison AK und kann selbst regelnd eingreifen. Üblich, bei der Entlohnung, ist auch ein Leistungszuschlag für die geernteten Kilogramm/Stunde. Unüblich ist jedoch die Produktion von Spargel und Erdbeeren parallel in einem Betrieb, da sich Arbeitsspitzen überschneiden können.

Der größte Anteil des Spargels wird in der Region Direkt ab Erzeuger vermarktet; diese Vermarktungsform dominiert eindeutig in der Region. Nur ein geringer Anteil geht über den Großhandel und Erzeugerorganisationen. Der Preis für die Klasse 1 (Kilo Spargel) im Großhandelsbereich beträgt ca. 3,-€ in der Direktvermarktung um 4,-€. Die Schmerzgrenze für den Konsumenten liegt bei etwa 5,-€/kg Spargel. Damit ist der Spargel nicht wie bei uns ein „Erste Klasse Gemüse“, sondern ein Gemüse wie jedes andere auch. Wichtig ist hier ebenfalls der geschlossene Kopf, eine gewisse Rotfärbung der Köpfe wird toleriert. Die Sortierungseinteilung entspricht den Vorgaben wie bei uns, wird jedoch weniger streng gehandhabt. Ebenfalls spielt die Verfrühung eine nicht unerhebliche Rolle, da traditionell der erste Spargel verstärkt um Ostern gekauft wird. Verständlich ist bei den Vermarktungspreisen und den Kosten für Saison AK, dass der Spargel ohne Folie nur einmal am Tag geerntet wird und mit Folie nur alle 2 bis 3 Tage geerntet wird. Und die Anzahl der Saison AK meist auf 2/ha beschränkt ist. Mit den ersten ausreifenden Melonen, welches schon Mitte Juni sein kann, kann kein Spargel mehr vermarktet werden.

Bewässerung

Die meisten Kulturen werden im Loiretal bewässert, so auch der Spargel. Durch die ausgesprochene Sommertrockenheit ist der Anbau ohne Bewässerung nahezu unmöglich. Als Faustregel gilt dort Spargel braucht so viel Wasser wie Mais ca. 100 mm zusätzlich zum Bedarf von ca. 400 mm im Jahr. Üblicherweise wird der Spargel Überkopf bewässert. Selten sind Anlagen mit Tropfbewässerung zu finden. Falls Tropfbewässerung verwendet wird, erfolgt die Wasserversorgung überirdisch. Wegen Kanninchenfraß ist das mitunter nicht unproblematisch. Bewässert wird um das Triebschieben zu ermöglichen im Zeitraum Mitte Juni/Juli selten bis Anfang August. Die Einzelgaben liegen dabei um 15 – 20 mm/ ha relativ niedrig und werden auf mehrere Einzelgaben verteilt. Angeblich wird dort bei höheren Gaben und den leichten Böden Drainwasser und damit Auswaschung verursacht. Eigentlich kaum vorstellbar, da damit das meiste Wasser in den Phyllokladien hängen bleibt. Insgesamt fallen nur 400 – 600 mm Niederschläge pro Jahr. Der größte Anteil der Niederschläge fällt im Herbst und Winter. Dann müssen sogar Entwässerungsgräben den Spargel vor dem „Ertrinken“ bewahren. Zumindest steigt dann der Befall mit Fusarium und Rhizoctonia an.

Aktuelle Versuche zum Spargel in der Versuchsstaion Loir et Cher

Fleurance stellte die aktuellen Versuche in der Versuchsstation vor:
Nachbau von Spargel auf einer Fusarium belasteten Fläche. Nach 4 Jahren Zwischenkultur mit anderen Gemüsearten und 1 Jahr Vorkultur mittels Biofumigation erfolgte die Pflanzung von Spargel im 5. Jahr. Dazu wurde Ein Gemisch mit Senf und Ölrettich bis zur Blüte kultiviert. Leicht eingearbeitet und die eine Hälfte der Fläche mit Folie, die andere Hälfte ohne Folie belassen. Gepflanzt wurde im folgenden Frühjahr im Jahr 2006 die Sorte Thielim. Da in Frankreich erst ab dem dritten Jahr geerntet wird liegen noch keine Ergebnisse vor.Versuche zur Pflanzdichte bei gleichem Stangenanteil/Fläche. Dazu wurden Reihenabstände von 2,50 m bis 1,75 m, gewählt. Damit die Pflanzenanzahl gleich bleibt wurde der Pflanzabstand entsprechend in der Reihe, bei größerem Reihenabstand, erhöht. Die Versuchsfragen betreffen den Ertrag, die Stangenstärke, den Krankheitsbefall und arbeitswirtschaftliche Fragen zur Bearbeitung zwischen den Reihen, Hackarbeiten und Laufwege der Arbeitskräfte. Zudem hat sich laut Fleurance gezeigt, dass die Lebensdauer der Anlagen von der Pflanzdichte in der Reihe abhängt. Also bei intensiverer Kultur und mehr Pflanzen in der Reihe dauert die Spargelkultur nur 6 Jahre. Bei größerem Abstand in der Reihe kann die Kultur bis 10 Jahre dauern.Versuche zur Verwendung von Begrünungen zur Verbesserung des Humusanteils und Erhöhung der Nützlingspopulation. Vergleich von Phacelia, Buchweizen und Sudangras.Einschätzung des Prognosemodells Tom-Cast zur Stemphyliumprognose im Spargel. In der Region sind laut Tom-Cast höchstens vier Spritzungen/Saison erforderlich, die mit den Bewässerungen und Niederschlägen und der Temperatur korrelieren. Durch die ausgeprägte Sommertrockenheit und die windoffenen Lagen ist die Blattfeuchte meist nur kurz gegeben. Erst zu Beginn des August bleibt länger Tau auf dem Spargelkraut. Allerdings sinken die Nachttemperaturen schnell auf 13°C. Somit gibt es für optimale Befallsbedingungen von Stemphylium nur wenig tropische Nächte um 20°C.Verfrühungen von Grünspargel in Großtunneln. Da auch der erste Grünspargel zu Ostern verkauft werden soll, wurden Verfrühungen in Großtunneln geprüft. Dazu wurden jeweils drei Reihen Grünspargel im Großtunnel verfrüht. Ab Januar wurde der Großtunnel mit Folie bespannt um im März den ersten Grünspargel zu ernten. Dieser bestehende Versuch wird von der Erzeugerorganisation für Grünspargel finanziert.

Betriebsbesichtigung Gemüse und Spargel in Darvoy

Am nächsten Tag wurde der Familienbetrieb von Jean-Claude Moret in Darvoy, in der Region Loiret besucht. Typisch für Betriebe mit Bleichspargelanbau ist, dass neben dem Spargel noch andere Gemüsearten im Vordergrund stehen. Insgesamt bewirtschaftet der Betrieb Moret ca. 40 ha Anbaufläche. Es werden Spargel, Lauch und Jungpflanzen, Bleichsellerie und Selleriejungpflanzen, Pastinaken, Tomaten und Getreide angebaut. Der aktuelle Anbau von Spargel im Ertrag beträgt 1 ha. Insgesamt ist die Betriebsfläche für französische Verhältnisse relativ klein. Deshalb geht Moret halbtags in eine angrenzende Gärtnerei arbeiten. Der Spargel wird ohne Folie angebaut. Der Reihenabstand beträgt 2,50 m, in der Reihe beträgt der Abstand 25 – 30 cm. Erst ab dem dritten Jahr wird gestochen. Die Hauptsorte ist Andreas.
Es wurde aber zu dem bestehenden Hektar ca. 0,5 ha Gijnlim im Frühjahr 2008 gepflanzt. Geerntet wird der Spargel ab 20. April täglich, ca. 3 – 4 Wochen im 3. Jahr, ca. 6 Wochen ab dem 4. Jahr. Die Nutzungsdauer der Anlagen beträgt 10 Jahre. Alle Spargelflächen sind bewässerbar. Es wird meist im Juli 2 mal mit 25mm/ha bewässert. Der Fungizideinsatz beschränkt sich auf ca. 3 – 4 Spritzmaßnahmen/ Jahr. Dazu orientiert sich Moret am Warndienstfax und den Wetternachrichten. Beratung vor Ort findet leider nicht statt, welches Moret heftig kritisiert, da er davon ausgeht, dass es teilweise Nematodenprobleme in seinem Beständen gibt und es keine Beratung von außen gibt. Die Sortierung erfolgt noch archaisch ohne maschinellen Einsatz. Dazu wird auf dem Tisch die Klasse vorsortiert. In einer Kiste wird dann der Spargel abgeschnitten und so auf die richtige Länge gebracht. Der Spargel wird auf dem Wochenmarkt und ab Hof direkt vermarktet. Der Preis für die Klasse 1 beträgt ca. 3,70 €/kg.
Trotz eher extensiver Anbauweise ist der Spargelanbau meist nur ein Teil der Gemüsebaubetriebe. Eine reine Spezialisierung auf Spargel gibt es kaum.

 

Insgesamt war die Lehrfahrt ein voller Erfolg. Dazu hat nicht nur das Wetter beigetragen. Interessant sind die Einstellung des Erzeugers und die eher extensivere Anbauweise unter französischen Bedingungen mit Saison AK und Vermarktungspreisen Vor-Ort. Auch die unterschiedlichen Versuchansätze können mit unseren verglichen werden und bieten interessante Vergleichsmöglichkeiten. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch ein Obstbaubetrieb besichtigt wurde. Das kulturelle Programm mit dem Besuch des Schlosses Chambord, Versailles und der Stadt Orléans ließen auch Perspektiven außerhalb des Spargels zu und rundeten die Lehrfahrt ab. Zumindest wurden auf der Heimfahrt über die gewonnen Eindrücke heftig diskutiert und über das Ziel der nächsten Spargelfahrt wurden Vorschläge unterbreitet.

Uwe Kühn, Landratsamt Karlsruhe, Landwirtschaftsamt

Fotogalerie der Lehrfahrt

(Fotos können durch Anklicken vergrößert werden)